Zweitausend Jahre ist es nun schon her, da hütete der Hirte Simon im fernen Land Galiläa die Schafe. Es war ein grauer Tag. Schwere Nebel lagen über dem Boden. Abdon, der Mann, dem die Schafe gehörten, schaute vergeblich nach der Sonne aus. So schickte er die Hirten Jakob und Simon auf eine höher gelegene Wiese. Dort, über dem Nebel, sollten sie die Schafe weiden.
Simon drängte sich an Jakob. Im dichten Nebel war es ihm unheimlich. Er war noch jung, erst neun Jahre alt. Jakob aber war groß und stark. Schützend legte er Simon den Arm um die Schultern.
Da sprang ein Lamm herbei. Es blökte ängstlich. Jakob nahm das Lamm und legte es Simon in die Arme. „Hier, du darfst unser kleinstes Lamm tragen. Hüte es gut,“ sagte er.
Sechs Tage blieben Jakob und Simon auf den Hügeln, dann wurde es Zeit die Schafherde für die Heimreise zusammenzutreiben.
Simon wollte helfen. Doch Jakob schüttelte den Kopf. „Du und das Lamm, ihr ruht euch aus, bis ich die Schafe beieinander habe.“
Simon war froh. Das Lamm hatte ihn ganz schön auf Trab gehalten. Immer wieder war es davongelaufen und musste eingefangen werden. Simon ließ sich unter einem Olivenbaum nieder und schloss müde die Augen. Das Lamm kuschelte sich dicht an ihn.
Da breitete sich ein wundersamer Duft aus, ein Duft von Rosen, Lilien und Mandelblüten. Simon versuchte die Augen zu öffnen, aber die Lider waren zu schwer. Jetzt glaubte er, auch einen fröhlichen Gesang zu hören. Immer deutlicher. Dann trat plötzlich Stille ein. Auch der süße Duft verflüchtigte sich.
Endlich gelang es Simon, die Augen zu öffnen. Vor ihm stand Jakob. Ernst blickte er Simon an und fragte: „Wo ist das Lamm?“
Simon erschrak. Eben hatte das Lamm doch noch neben ihm gelegen!! Simon sprang hoch. Er rief nach dem Lamm. Er lockte es an. Doch kein vertrautes Blöken antwortete. Er suchte es überall. Vergeblich.
„Komm wir müssen die Herde heimtreiben“, sagte Jakob. Traurig trottete Simon neben der Herde her. Wo war sein Lamm?
Geschlafen hatte er, statt aufzupassen. Der Besitzer der Herde war sehr wütend. „Sofort machst du dich auf den Weg und suchst das Lamm“, schimpfte er.
Jakob machte sich Sorgen, den Jungen so ganz alleine gehen zu lassen. Aber er konnte nichts gegen Abdon tun. So ging er in die Kammer und holte die Laterne mit den vier Lichtern, die er einst von einem Wanderer bekommen hatte, mit den Worten: „Sie werden dem im Dunkeln leuchten, der in Not ist.“
Nun gab Jakob die Laterne weiter an Simon und sagte: „Pass gut auf die vier Lichter auf, dann werden sie dir den Weg leuchten“.
Der Text kommt aus dem Buch “Die vier Lichter des Hirten Simon” von G. M. Scheidl.